Irgendwann in seinem Leben, habe ich irgendwo gelesen, sollte jeder Motorradfahrer mal auf Korsika gewesen sein. Also gut. Für die Anreise traf es sich hervorragend, dass Andre einen Hänger mit Platz für zwei Maschinen hat. Das hat uns beiden eine Menge langweiliger Autobahnkilometer erspart, auch wenn der kleine Renault in den Alpen ganz schön zu kämpfen hatte. Hänger und Auto haben wir dann in Italien auf einem Campingplatz in der Nähe von Savona gelassen.

Korsika hat unsere ohnehin hohen Erwartungen dann noch mal übertroffen. Allein auf einer Tagestour um den Nordost-Finger der Insel fährt man mehr spektakuläre Strecken als in anderen Revieren in einer ganzen Woche: Steilküsten, Gebirgsdörfer, Pässe und Panoramastrecken am laufenden Band - und das alles ohne nennenswerten Verkehr. Die Zeit Mitte April hat sich als optimal erwiesen. Zwar fahren die Fähren noch etwas unregelmäßig (vorher Fahrpläne checken!), und einige Campingplätze sind noch zu. Aber dafür hat man die Straßen fast für sich alleine, es ist noch nicht zu heiß, überall grünt und blüht es, und die ganze Insel riecht wie ein Kräutergarten. Dass sich irgendwo noch viele andere Biker herumtreiben, merken wir erst zwei Wochen später auf der Rückreise: Ich habe noch nie erlebt, dass auf einer Fähre mehr Motorräder als Autos sind.

Das Herumkurven auf winzigsten Straßen bringt zwar riesigen Spaß, aber nicht wirklich Strecke. Etappen von 150 bis 180 Kilometer sind ein ganzes Tagwerk. Aber egal: So groß ist die Insel nicht, dass man sich besonders sputen müsste. Erst recht, wenn man zwei Wochen Zeit hat. Wir sind immer einen Tag gefahren und haben einen Tag was anderes gemacht: Chillen, Wandern, Drohnenvideos machen, etc. Den Rhythmus fand ich ideal, denn das Fahren war trotz der kilometermäßig kurzen Touren mitunter doch recht fordernd.

Erstaunlicherweise war der Asphalt oft sehr frisch. Einmal auch deutlich frischer, als uns lieb war: Nach ziemlich langer rumpeliger Kurverei durchs Landesinnere fängt auf einmal blütenschwarzer Bodenbelag an. Ich frage mich kurz, ob wir wohl die ersten Biker sind, die ihn unter die Räder nehmen. Ein Bergdorf weiter die Antwort: definitiv! Quer über die Straße steht eine dampfende Asphaltmaschine, breit wie eine Doppelgarage, links Felsen, rechts Abgrund. Davor fuhrwerkt eine Walze herum.

Wir erinnern uns: Ach ja, da war doch was - vor etwa einer Stunde haben wir an irgendeiner Abzweigung ein ramponiertes Baustellenschild passiert, das uns halbherzig irgendwas von "gesperrt" oder so erzählen wollte. Eins dieser Schildern eben, die man als Lenker eines Einspurfahrzeugs routinemäßig ignoriert. Also die ganze Strecke wieder zurück ins Tal? Never ever. Andererseits: Ist echt eng hier, und der Asphalt ist echt frisch. Während wir der Walze beim Walzen zusehen, merke ich, wie Reifen und Stiefel langsam kleine Kuhlen bilden. Und Andres Stollenreifen haben der schönen neuen Straße schon ihren Stempel aufgedrückt.

Freundlicherweise schicken uns die Arbeiter nicht wieder zurück, sondern lassen uns an der Maschine vorbei. Passt so eben. Gut, dass wir beide keine Seitenkoffer haben. Hinter der Maschine ist der Asphalt noch mal wärmer und weicher. Die Reifen werden mit jeder Umdrehung ein Stück größer. Noch Kilometer später höre ich den Split von innen gegen die Kotflügel klickern. Aber egal: Rückzug vermieden, Abenteuer bestanden, alles gut!

Highlights:

• Die Westküste von Cap Corse.
• Die Strecke von Calvi nach Piana.
• Bonifacio.
• Die Gegend zwischen Zonza und Solenzara.